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Kurs: Online-Pflegebasiskurs (220 UE)
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Online-Pflegebasiskurs (220 UE)

6 Praktikum - Modul 10: Fachpraktischer Teil (60 UE)

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7 Abschluss - Modul 11: Abschlusstest und Zertifizierung - Einheit 3: Abschlusstest und Zertifizierung (3 UE)

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Textlektion

1.7 Skript: Fallbeispiele zu Pflegeethik (1 UE)

1.7 Skript: Fallbeispiele zu Pflegeethik

Fallbeispiel 1 zu Pflegeethik:

In der Pflegepraxis sind ethische Überlegungen und Entscheidungen allgegenwärtig. Sie beeinflussen maßgeblich die Art und Weise, wie Pflegekräfte auf die Bedürfnisse und Wünsche der Patienten eingehen. In diesem Skript betrachten wir ein detailliertes Fallbeispiel, das die Anwendung ethischer Grundsätze in der Pflege illustriert. Das Fallbeispiel dient dazu, die theoretischen Konzepte der Pflegeethik in eine praktische Perspektive zu rücken und die Herausforderungen aufzuzeigen, mit denen Pflegekräfte im Alltag konfrontiert sein können.

Fallbeschreibung

Herr Müller, 68 Jahre alt, wurde vor zwei Wochen mit einer schweren Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Trotz intensiver Behandlung hat sich sein Zustand kontinuierlich verschlechtert. Herr Müller leidet zusätzlich an fortgeschrittener COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) und hat bereits in der Vergangenheit mehrfach betont, dass er keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht, falls seine gesundheitliche Situation hoffnungslos erscheint. Seine Tochter, Frau Schmidt, ist als nächste Angehörige im engen Kontakt mit den behandelnden Ärzten und Pflegekräften.

In den letzten Tagen hat sich Herr Müller’s Atemnot stark verschlimmert, und er ist zunehmend verwirrt. Die Ärzte haben vorgeschlagen, ihn auf die Intensivstation zu verlegen und künstlich zu beatmen. Frau Schmidt ist jedoch unsicher, ob dies im Sinne ihres Vaters wäre, und bittet um ein Gespräch mit dem Pflegepersonal, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.

Ethische Fragestellungen

Dieses Fallbeispiel wirft mehrere ethische Fragestellungen auf, die von den Pflegekräften berücksichtigt werden müssen:

  1. Autonomie des Patienten: Herr Müller hat mehrfach geäußert, dass er keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht. Wie kann seine Autonomie respektiert werden, insbesondere in einer Situation, in der er nicht mehr in der Lage ist, seine Wünsche selbst auszudrücken?

  2. Wohlergehen und Lebensqualität: Welche Maßnahmen sind im besten Interesse von Herrn Müller, um sein Wohlergehen zu maximieren und seine Lebensqualität zu verbessern? Ist die Intensivpflege und künstliche Beatmung im Einklang mit diesen Zielen?

  3. Wünsche der Angehörigen: Wie sollen die Wünsche und die emotionale Belastung der Tochter in die Entscheidung einfließen? Welche Rolle spielt die Familie bei der Entscheidungsfindung in einem ethischen Dilemma?

  4. Pflegeethische Grundsätze: Wie können die Grundsätze der Pflegeethik – wie Respekt vor der Autonomie, Fürsorge, Gerechtigkeit und Nicht-Schaden – in diesem Kontext angewendet werden?

Ethische Analyse und Diskussion

  1. Respekt vor der Autonomie: In diesem Fall hat Herr Müller klar seine Wünsche geäußert, dass er keine lebenserhaltenden Maßnahmen möchte. Es ist wichtig, diese Wünsche zu respektieren, auch wenn er momentan nicht ansprechbar ist. Ein vorliegendes Patientenverfügung oder eine schriftliche Erklärung könnten hilfreich sein, um seine Autonomie zu wahren. Wenn keine schriftlichen Dokumente vorhanden sind, sollten frühere mündliche Äußerungen und die Meinung der nächsten Angehörigen berücksichtigt werden.

  2. Fürsorge und Wohlergehen: Pflegekräfte müssen abwägen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen das Wohlergehen von Herrn Müller tatsächlich fördern oder ob sie nur sein Leiden verlängern. Die Frage, ob eine Intensivbehandlung das Leiden lindert oder eher verlängert, sollte gründlich mit den Ärzten besprochen werden. Palliativer Pflegeansatz könnte in diesem Fall geeigneter sein, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.

  3. Wünsche der Angehörigen: Frau Schmidt ist in einer schwierigen Lage und benötigt Unterstützung bei der Entscheidungsfindung. Ein offenes und einfühlsames Gespräch mit ihr ist notwendig, um ihre Sorgen zu verstehen und gemeinsam eine Entscheidung zu treffen, die im besten Interesse ihres Vaters ist. Die emotionale Unterstützung der Familie ist ein wesentlicher Aspekt der pflegerischen Tätigkeit.

  4. Gerechtigkeit und Nicht-Schaden: Es ist entscheidend, eine faire und ausgewogene Entscheidung zu treffen, die sowohl die Wünsche des Patienten als auch die ethischen Verpflichtungen der Pflegekräfte berücksichtigt. Der Grundsatz des Nicht-Schadens erfordert, dass unnötiges Leid vermieden wird. Die Verlegung auf die Intensivstation und die künstliche Beatmung könnten mehr Schaden als Nutzen bringen, wenn sie gegen den Wunsch des Patienten und ohne Aussicht auf Besserung durchgeführt werden.

Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen

Nach einer sorgfältigen ethischen Abwägung sollten Pflegekräfte zusammen mit dem medizinischen Team und den Angehörigen eine Entscheidung treffen, die die Autonomie von Herrn Müller respektiert und gleichzeitig sein Wohlergehen maximiert. Es wird empfohlen, folgende Schritte zu unternehmen:

  1. Erneute Überprüfung der Patientenverfügung: Falls vorhanden, sollte die Patientenverfügung von Herrn Müller überprüft und berücksichtigt werden.

  2. Interprofessionelle Zusammenarbeit: Ein multidisziplinäres Team, bestehend aus Ärzten, Pflegekräften, Sozialarbeitern und möglicherweise Ethikberatern, sollte zusammenarbeiten, um eine fundierte Entscheidung zu treffen.

  3. Palliative Betreuung: Eine palliative Betreuung könnte in Erwägung gezogen werden, um die Symptome zu lindern und die Lebensqualität von Herrn Müller in den letzten Lebensphasen zu verbessern.

  4. Unterstützung der Angehörigen: Frau Schmidt sollte umfassend informiert und emotional unterstützt werden, um sie in ihrer Entscheidungsfindung zu begleiten.

  5. Dokumentation und Kommunikation: Alle getroffenen Entscheidungen sollten klar dokumentiert und innerhalb des Teams sowie mit der Familie kommuniziert werden, um Transparenz und Konsistenz in der Pflege sicherzustellen.

Dieses Fallbeispiel verdeutlicht die Komplexität ethischer Entscheidungen in der Pflege und die Notwendigkeit, alle relevanten ethischen Prinzipien sorgfältig abzuwägen. Pflegekräfte spielen eine zentrale Rolle bei der Vermittlung zwischen Patientenwünschen, medizinischen Notwendigkeiten und familiären Bedürfnissen, und ihr Einfühlungsvermögen sowie ihre Kommunikationsfähigkeiten sind in solchen Situationen von unschätzbarem Wert.

Fallbeispiel 2 zu Pflegeethik:

Ethische Fragestellungen in der Pflege können vielfältige und komplexe Formen annehmen. Um die theoretischen Konzepte der Pflegeethik praxisnah zu veranschaulichen, betrachten wir im Folgenden ein weiteres detailliertes Fallbeispiel. Es beleuchtet die Herausforderungen, mit denen Pflegekräfte konfrontiert sein können, und zeigt auf, wie ethische Prinzipien in der Pflegepraxis angewendet werden können.

Fallbeschreibung

Frau Bauer, 82 Jahre alt, lebt in einem Pflegeheim und leidet an fortgeschrittener Demenz. Vor sechs Monaten wurde bei ihr auch ein nicht-operabler Krebs diagnostiziert, der starke Schmerzen verursacht. Frau Bauer hat keine Patientenverfügung hinterlassen und keine direkten Angehörigen, die für sie Entscheidungen treffen können. Ihr Gesundheitszustand hat sich in den letzten Wochen rapide verschlechtert. Sie ist bettlägerig und nicht mehr in der Lage, sich verbal zu äußern. Das Pflegepersonal bemerkt, dass sie häufig unruhig ist und offensichtlich Schmerzen hat.

Das medizinische Team schlägt vor, Frau Bauer mit hochdosierten Schmerzmitteln zu behandeln, um ihre Schmerzen zu lindern. Allerdings könnte diese Medikation ihre ohnehin fragile Gesundheit weiter beeinträchtigen und möglicherweise ihre verbleibende Lebenszeit verkürzen. Die Pflegekräfte stehen nun vor der Entscheidung, wie sie am besten vorgehen sollen, um Frau Bauer die notwendige Linderung zu verschaffen, ohne ihr unnötigen Schaden zuzufügen.

Ethische Fragestellungen

Dieses Fallbeispiel wirft mehrere ethische Fragestellungen auf, die sorgfältig abgewogen werden müssen:

  1. Wohlergehen und Lebensqualität: Welche Maßnahmen sind erforderlich, um das Wohlergehen von Frau Bauer zu maximieren und ihre Lebensqualität in den letzten Lebensphasen zu verbessern?

  2. Nicht-Schaden-Prinzip (Non-Maleficence): Wie kann vermieden werden, dass die Behandlung mehr Schaden als Nutzen bringt? Ist es ethisch vertretbar, die Schmerzen mit hochdosierten Medikamenten zu lindern, wenn diese möglicherweise lebensverkürzend wirken?

  3. Autonomie und Stellvertretung: Wie kann die Autonomie von Frau Bauer respektiert werden, wenn sie selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann und keine Vertreter benannt hat?

  4. Fürsorge (Beneficence): Welche Fürsorgepflichten hat das Pflegepersonal gegenüber Frau Bauer, insbesondere in Bezug auf Schmerzmanagement und Lebensqualität?

  5. Gerechtigkeit und Ressourcenverteilung: Wie können die begrenzten Ressourcen im Pflegeheim gerecht verteilt werden, um sicherzustellen, dass alle Bewohner angemessen betreut werden?

Ethische Analyse und Diskussion

  1. Wohlergehen und Lebensqualität: Das primäre Ziel sollte sein, das Leid von Frau Bauer zu lindern und ihre Lebensqualität zu maximieren. Eine palliative Schmerztherapie ist in diesem Kontext notwendig, um ihr restliches Leben so schmerzfrei wie möglich zu gestalten. Es gilt abzuwägen, welche Dosierung der Schmerzmittel nötig ist, um die Schmerzen effektiv zu kontrollieren, ohne dabei unnötige Risiken einzugehen.

  2. Nicht-Schaden-Prinzip (Non-Maleficence): Hochdosierte Schmerzmittel können Nebenwirkungen haben, die die Gesundheit von Frau Bauer weiter beeinträchtigen oder ihre Lebenszeit verkürzen. Dennoch kann das Nicht-Schaden-Prinzip so interpretiert werden, dass es wichtiger ist, akutes Leid und Schmerz zu lindern, selbst wenn dies möglicherweise die Lebenszeit verkürzt. Das Wohlbefinden und die Schmerzfreiheit des Patienten stehen hier im Vordergrund.

  3. Autonomie und Stellvertretung: Da Frau Bauer keine Patientenverfügung hinterlassen hat und keine Angehörigen vorhanden sind, müssen die Pflegekräfte und das medizinische Team Entscheidungen treffen, die ihrem mutmaßlichen Willen und ihrem besten Interesse entsprechen. Dies erfordert eine sensible und umsichtige Herangehensweise, die sowohl medizinische als auch ethische Überlegungen einschließt.

  4. Fürsorge (Beneficence): Die Fürsorgepflicht gegenüber Frau Bauer erfordert, dass die Pflegekräfte alles in ihrer Macht Stehende tun, um ihr Leid zu lindern. Dies beinhaltet die Gabe von Schmerzmitteln in einer Dosierung, die ihre Schmerzen wirksam behandelt. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärzten und Palliativspezialisten ist hier von großer Bedeutung, um eine optimale Versorgung sicherzustellen.

  5. Gerechtigkeit und Ressourcenverteilung: In Pflegeeinrichtungen sind Ressourcen oft begrenzt. Es ist wichtig, dass die Bedürfnisse von Frau Bauer in einem gerechten Verhältnis zu den Bedürfnissen der anderen Bewohner stehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihre Schmerztherapie vernachlässigt werden darf. Vielmehr sollte eine Balance gefunden werden, die sicherstellt, dass alle Bewohner eine angemessene Versorgung erhalten.

Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen

Nach einer sorgfältigen ethischen Analyse sollten Pflegekräfte zusammen mit dem medizinischen Team eine Entscheidung treffen, die das Wohlbefinden von Frau Bauer in den Mittelpunkt stellt. Es wird empfohlen, folgende Schritte zu unternehmen:

  1. Palliative Schmerztherapie: Eine adäquate Schmerztherapie sollte umgehend eingeleitet werden, um die Schmerzen von Frau Bauer zu lindern. Die Dosierung der Schmerzmittel sollte regelmäßig überprüft und angepasst werden, um die bestmögliche Balance zwischen Schmerzfreiheit und Nebenwirkungen zu finden.

  2. Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Eine enge Zusammenarbeit zwischen Pflegekräften, Ärzten und Palliativspezialisten ist unerlässlich, um eine umfassende und ganzheitliche Betreuung sicherzustellen.

  3. Dokumentation und Kommunikation: Alle Entscheidungen und Behandlungsmaßnahmen sollten sorgfältig dokumentiert und im Team kommuniziert werden, um Transparenz und Konsistenz zu gewährleisten.

  4. Unterstützung und Weiterbildung: Pflegekräfte sollten regelmäßig Schulungen und Fortbildungen im Bereich der Schmerztherapie und palliativen Pflege erhalten, um auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu bleiben und die bestmögliche Pflege bieten zu können.

Dieses Fallbeispiel zeigt die Komplexität ethischer Entscheidungen in der Pflege auf und verdeutlicht, wie wichtig es ist, ethische Prinzipien sorgfältig abzuwägen und in die Praxis zu integrieren. Pflegekräfte müssen oft schwierige Entscheidungen treffen, die sowohl medizinische als auch ethische Dimensionen umfassen. Ihr Einfühlungsvermögen, ihre Fachkenntnisse und ihre Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit sind dabei von zentraler Bedeutung.

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